Mit Kosten von derzeit rund 11 Milliarden Euro und
einer Planungs- und Bauzeit von einem Vierteljahrhundert zählt
der Umbau des Stuttgarter Bahnknotens zu den größten
Infrastrukturprojekten Europas.
Gibt es den Wunsch, das Bewusstsein und/oder die
(Selbst-)Verpflichtung der Projektbetreiber zur Umsetzung von
Kunst am Bau bei diesem Vorhaben?
Eine Tiefenrecherche in Strukturen, Verordnungen, Töpfe und Gruben.
Haben Sie Fragen, Anregungen und Hinweise zu Kunst am Bau bei 'Stuttgart 21'?
Hintergrund
In seinem 'Leitfaden Kunst am Bau' konkretisiert das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) die Ermessensspielräume, welche die Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau) einräumen. Diese Handreichung soll, nach eigener Darstellung, den vom Deutschen Bundestags formulierten Wunsch aufgreifen, den Stellenwert der Kunst am Bau bei Bundesbauten zu erhöhen.
Der öffentliche Bauherr steht mit seinen Bauwerken in besonderer Weise im Blickfeld der Öffentlichkeit. Ihm kommt eine baukulturelle Verantwortung und Vorbildfunktion zu. Der Bund bekennt sich zu dieser Verantwortung. Seine Bauwerke sollen, insbesondere wenn sie herausgehobenen gesamtstaatlichen Funktionen dienen und an exponierten Standorten stehen, das baukulturelle Niveau und Verständnis in unserem Land widerspiegeln und nationale Visitenkarte sein. Kunst am Bau ist ein Element von Baukultur, das die Qualität und Ausdruckskraft von Bauten mitprägt. Kunst am Bau ist daher ein integraler Bestandteil der Bauaufgabe und der öffentlichen Bauherrenverantwortung. *
Auch die staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg ist bemüht, den parlamentarischen Willen des Landes, qualitätsvolle Beiträge zur Baukultur zu leisten, umzusetzen und realisiert im Zuge dessen unter anderem auch Kunst am Bau Projekte bei bestimmten Bauvorhaben.
Als öffentlicher Bauherr hat das Land
eine besondere Verantwortung und Vorbildfunktion. Daher
fördert es seit 1955 die Kultur, indem bei
wichtigen Neubauvorhaben ein Teil der Bausumme für „Kunst am
Bau“ reserviert wird. **
„Bahnhöfe und Kunst gehören zusammen”, erklärte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, Richard Lutz, im Frühjahr diesen Jahres beim Start der DB-Kulturreihe „Station to Station” und sein Mitredner, Co-Chief Executive Officer Ströer Management SE Udo Müller postulierte gar, dass in Bahnhöfen, als Kathedralen der Mobilität, erstklassige Kunstwerke gehören. ***
Von allen Playern, die in das Stuttgarter Bahnhofsprojekt involviert sind und dessen Umsetzung finanzieren, sind demnach Bekenntnisse zur Einbeziehung künstlerischer Setzungen formuliert. Selbstverständlich gilt dies auch für den Part der Stadt Stuttgart, deren Gemeinderat sich regelmäßig nahezu geschlossen für starke Impulse Richtung Kunst und Kultur ausspricht.
* Leitfaden Kunst am Bau, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Abteilung Bauwesen, Bauwirtschaft und Bundesbauten Referat B 13 Bauingenieurwesen, Nachhaltiges Bauen, Bauforschung, 2012
Kunst während der Bauphase
Am Stuttgarter Hauptbahnhof wurden bereits verschiedene Kunstwerke realisiert wie das von Joseph Kosuth umgesetzte Hegel-Zitat „…daß diese Furcht zu irren, schon der Irrtum selbst ist”, welches mittlerweile von der einsturzgefährdeten Hauptfassade entfernt wurde oder der temporär installierte Schriftzug „BRASILIEN” der Künstlergruppe SOUP.
Die Kunstprojekte, welche bisher auf der Baustelle oder in Bezug auf den geplanten Bahnknoten stattgefunden haben, wurden von der DB willkommen geheißen und teilweise auch finanziell unterstützt. Hierzu zählen, neben einem Holzbildhauer-Wettbewerb, mit den im Nachgang des 'Schwarzen Donnerstags' gefällten Parkbäumen, temporäre Projekte wie Solid Transitions, Archaeology of a city mine, Stuttgart 21 - eine Reise in die Zukunft, Gleis 12 oder Motor City Super Stuttgart.
Zudem lässt sich auch auf eine Reihe selbstorganisierter, nichtautorisierter Interventionen rund um den Stuttgarter Bahnhof zurückblicken, wie zum Beispiel die plastische Ergänzung des 5 Meter hohen Mercedes-Sterns auf dem Bahnhofsturm zum Peace-Zeichen. Oder die Errichtung einer Parkbank mit Baustellenblick unter dem Titel „facing the promises of a better future”.
Der Finanzierungsvertrag aus
dem Jahr 2009
Im Finanzierungsvertrag zu 'Stuttgart 21' von 2009 ist die Kostenübernahme zwischen der Deutschen Bahn und ihren Projektpartnern (Stadt, Region, Land, Bund, EU) bis zur damaligen Kostenobergrenze von 4,5 Milliarden € (3,076 Mrd. + 1,45 Mrd. Risikopuffer) geregelt.
Da das Land Baden-Württemberg und seine Partner (Stadt, Region)
sich bislang weigern, über den Finanzierungsvertrag von 2009
hinausgehende Kosten für Stuttgart 21 zu tragen, wird aktuell
am Verwaltungsgericht in Stuttgart die Klage der DB (2016) auf
Mehrkostenübernahme verhandelt. *
Am 19.12.2023 informiert der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn
die Projektpartner, dass man nun mit einem
"Gesamtfinanzierungsrahmen" von 11,453 Milliarden, inklusive
eines nicht genau bezifferten Risikopuffers zu rechnen habe. **
* https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/kosten-stuttgart-21-verhandlung-100.html
** https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kosten-fuer-bahnprojekt-steigen-weiter-stuttgart-21-durchbricht-die-elf-milliarden-euro-marke.26979b05-7e9f-435f-9fa7-e3d14e1af6c4.html
§8 Kostenänderungen des Projekts
(1) Werden bei der Durchführung des Projekts die voraussichtlichen Gesamtkosten von 3.076,0 Mio. € unterschritten, so kommen die Kostenminderungen allen Vertragsparteien anteilig in einer Höhe zu Gute, die dem Verhältnis ihrer Finanzierungsanteile gemäß § 6 (1) zu einander entspricht.
(2) rät dazu, Kostensteigerungen bei den Bau- und Planungskosten „möglichst durch Einsparungen oder Optimierungen auszugleichen“.
(3) schließlich regelt die Verteilung von Mehrkosten auf die Projektpartner aus dem Risikopuffer (1.450,0 Mio €).
(4) legt fest, dass im Falle weiterer Kostensteigerungen die Bahn und das Land Gespräche aufnehmen.
Orientierungswerte für
'Kunst am Bau' Gelder
Bund*:
– bei Bauwerkskosten über 100 Mio. Euro ein Anteil von 0,5%;
– bei Bauwerkskosten von 20 bis 100 Mio. Euro ein Anteil von 1%;
– bei Bauwerkskosten unter 20 Mio. Euro ein Anteil von 1,5%.
Land Baden-Württemberg**:
Keine Angabe. Laut Aussage von Bernd Selbmann, bis 2017 Chef des Amtes 'Bau und Vermögen' in Tübingen, fördert das Land Baden-Württemberg Kunst mit ca. 1% der Baukosten.
*Leitfaden Kunst am Bau, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Abteilung Bauwesen, Bauwirtschaft und Bundesbauten Referat B 13 Bauingenieurwesen, Nachhaltiges Bauen, Bauforschung, 2012
** https://www.akbw.de/index.php?id=11801&mobile=0
Legt man die im Finanzierungsvertrag von 2009 vereinbarte Kostenaufteilung zugrunde, wären bereits damals 15,44 Millionen € für Kunst am Bau vorzusehen gewesen:
Land Baden-Württemberg:
930.000.000 € (20,5% der Gesamtsumme von 4.526.000.000 €)
Bei 1% für KaB: 9.300.000 €
Bund:
666.000.000 € (14,7% der Gesamtsumme von 4.526.000.000 €)
Bei 0,5% für KaB: 3.330.000 €
Bei den derzeit offiziell anerkannten Baukosten von rund 11,5 Milliarden € - und angenommen es bleibt bei der gleichen prozentualen Verteilung der Mehrkosten wie im Finanzierungsvertrag - wären dies sogar 39,075 Millionen €!
Land Baden-Württemberg:
2.350.000.000 € (20,5% der Gesamtsumme von 11.453.000.000 €)
Bei 1% für KaB: 23.500.000 €
Bund:
1.683.591.000 € (14,7% der Gesamtsumme von 11.453.000.000 €)
Bei 0,5% für KaB: 8.417.955 €
Wie ernst wird diese Umsetzungsempfehlung von den Projektverantwortlichen genommen, wer genau ist dafür auf den unterschiedlichen Ebenen zuständig und wie soll sichergestellt werden, dass diese stattliche Summe bestmöglich, d.h. im Sinne einer qualitätsvollen, emanzipatorischen, transparenten und fairen Vergabe, Verwendung findet?
Kostenentwicklung bei Stuttgart 21
Hochkultur am Tiefbahnhof 1
Hochkultur am Tiefbahnhof
Hochkultur am Tiefbahnhof
Wir wollten nur mal fragen, wie siehts denn aus mit 'Kunst am Bau'? 2, 3
Seit gut 10.000 Tagen 4 baut ihr hier - wir wissen nicht was genau.
'Bahnhof' kann man das nicht nennen, jedenfalls laut EBO 5
Höchstens eine 'Haltestelle' 6 im Infrastrukturprojekt Stuttgart-Ulm 7 oder so.
Wir stellen Anfragen und wir beantragen Tiefenrecherche-Kulturförderung 8
Zum Zwecke der Kunst am Bau Zuständigkeitsklärung. 9
Wir werden im Kreis verwiesen - von der Deutschen Bahn 10
Als wollten wir nutznießen,
Nur weil dort Milliarden fließen 11
Wir sind doch integer, Mann!
Man hört die Erzählung:
Es gibt die Empfehlung
1% der Kosten für Kunst 12
Hängt lediglich ab von der Bauherren Gunst 13
Und bei Neubauten zusätzlich von deren Stellenwert. 14, 15
Ist jener, in diesem Fall, etwa ungeklärt? 16
Wurde an Kunst gedacht, während der Planung?
Gibt es Bekenntnisse, Leute mit Ahnung?
Was wohl die Verantwortlichen dazu sagen?
Wolln sie es aussitzen, canceln, vertagen?
Lass uns_mal den Architekten fragen: 17
Tu…
Tu…
'Tunnelbahnhof' sei der korrekte Name 18
Keine Zeit für weitere Stellungnahme
Tunnelbahnhofkunstprojekt
Tunnelbahnhofkunstprojekt
Baukunst anstelle von 'Kunst am Bau'
Erklärt uns der Bahnhofsmanager schlau. 19
Das Ding müsse erst einmal funktionieren
Man renne hier gegen verschlossene Türen.
Schischi-Architekten, deren Arbeit genügt.
Jetzt auch noch Geld für die Kunst? Man würde gerügt!
Es ist eine Mörder-Grube, sagt er im Vertrauen
Doch das bleibt unter uns.
Darauf können Sie bauen
Wie auf Quellwasser oder auf Anhydrit 20
No, no, Mister Schnelltrasser, das kommt ins Lied!
Die Bahn macht in diesem Fall auf privat 21
Argumentiert
Der Kunst-am-Bau-Sachverständigenrat. 22
Man habe kapiert:
Mit der sei keine Kunst zu machen
Höchstens halbe Sachen
Ohne Wettbewerbe und ohne Jury
Staatsgelder für Pseudokunst-Therapie! 23, 24
Mir tun die Lichtaugen weh 25
Wenn ich die Kelchstützen seh 26, 27
Da muss doch noch mehr gehn in Richtung Gestaltung
Hört uns hier jemand aus der Verwaltung?
Vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung 28
Abteilung für Traumspesen und Schaumortung?
Oder vom Referat 31 des Landes BW? 29
Zuständige Stelle: KaB
Antwortet Nein, nein auf all unsre Fragen
Will denn hier niemand Mehrkosten tragen?
Die Kunstverbände anfragen? 30
Wettbewerbe austragen?
Rechne mal Alter:
1% von 12 Milliarden! 31
Künstler aller Länder, lasst uns starten!
Selbst dein Projekt kann umgesetzt werden
Es gibt keine Not mehr für alle Künstler auf Erden…
Stephan, stopp! 11,5 Milliarden sind zwar der aktuelle Kostenrahmen, aber es ist noch völlig unklar, wer davon letztendlich wie viel bezahlen muss. 32
Außerdem bekennen sich von den Projektpartnern nur der Bund und das Land zu Kunst am Bau. 33
Deren Anteile an den Gesamtkosten lassen sich verbindlich nur aus dem Finanzierungsvertrag von 2009 ersehen, als die Baukosten bei 4,5 Milliarden Euro lagen. 34 Davon übernahm der Bund 666 Millionen, was einem Anteil von 14,7 % entspricht. Das Land beteiligte sich mit 931 Millionen, also 20,5 %.
Wenn wir davon ausgehen, dass der Bund bei Bauten über 100 Millionen 0,5% der Kosten für Kunst ausgibt, wären das in unserem Fall 3.330.000 Euro. Das Land wiederum zahlt in der Regel 1%, also 9.310.000 Euro.
Zusammen kämen wir auf 12.640.000 Euro für die Kunst am Bau bei Stuttgart 21!
Das können wir nun auf unsere aktuellen 11,5 Milliarden hochrechnen und kämen bei gleichbleibenden Anteilen auf rund 32 Millionen für Kunst am Bau. Aber das ist hochspekulativ, denn bisher gilt, wie gesagt, der Finanzierungsvertrag von 2009.
Hinzu kommt, dass die neue Haltestelle am alten Hauptbahnhof nur etwa 12% der Gesamtkosten des Infrastrukturprojekts Stuttgart 21 ausmacht 35 und somit auch nur 12% der 12,64 Millionen für Hochkultur am Tiefbahnhof zur Verfügung stünden. Sprich: 1.516.800 Euro
Was? Nur noch gut 1,5 Millionen?!!
Für welche Künstler*in soll sich das denn lohnen?
Dann lasst doch die Kleinen ran, die kommenden Generationen
Der Zug ist ohnehin schon abgefahren
Irgendwo muss man schließlich auch sparen
Und nicht nur träumen…
Uns träumte, dass jedes Kind dieser Stadt
Einen eigenen, riesigen Hubsteiger hat
Und 21 Töpfe mit unterschiedlichem Grau
Sie alle machen am Haltepunkt 'Kunst am Bau'.
Tauchen ein ihre kleinen Hände, klatschen sie an die geweißelten Wände 36
So locker und frei! Frei Ottos Ur-Enkel sind auch mit dabei!
Wer?
Die Kinder der Kinder der Kinder - vom Kelchstützenform-Finder 37
Achso
Kleckern in 21 Graustufen
Während sie ausrufen
Klatsche-Patsche,
Ei-eiei!
Twenty-one shades of Grey 38
Twenty-one shades of Grey
Text und Video: Sylvia Winkler/Stephan Köperl 2024
Fußnoten:
1 Das Projekt Stuttgart 21 beinhaltet die Umgestaltung des Bahnknotens Stuttgart und die Umwandlung des bestehenden 16-gleisigen Kopfbahnhofs in einen 8-gleisigen tiefer liegenden Durchgangsbahnhof, der gegenüber der heutigen Lage um ca. 90 Grad gedreht wird. www.db-engineering-consulting.com/de/projekte/s-21-tiefbahnhof-hbf-stuttgart-21-tunnel/
2 Unter Kunst am Bau wird eine Verpflichtung insbesondere des Staates als Bauherrn verstanden, aus seinem baukulturellen Anspruch heraus einen gewissen Anteil – meist um die 1 % – der Baukosten öffentlicher Bauten für Kunstwerke zu verwenden. Diese Verpflichtung ist beim Bund und den Ländern in entsprechenden Regelungen festgeschrieben. https://de.wikipedia.org/wiki/Kunst_am_Bau
3 Kunst am Bau ist ein Element von Baukultur, das die Qualität und Ausdruckskraft von Bauten mitprägt. Kunst am Bau ist daher ein integraler Bestandteil der Bauaufgabe und der öffentlichen Bauherrenverantwortung.
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Abteilung Bauwesen, Bauwirtschaft und Bundesbauten, Referat B 13 Bauingenieurwesen, Nachhaltiges Bauen, Bauforschung: Leitfaden Kunst am Bau, 2012
4 1997 Prämierung des Entwurfs von Christoph Ingenhoven für die Neugestaltung des Hauptbahnhofs bei einem internationalen Architekturwettbewerb. www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Ingenhoven_gewinnt_Bahnhofswettbewerb_Stuttgart_21_2673.html
5 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung, 2. Abschnitt, Bahnanlagen: § 4 Begriffserklärungen: (2) Bahnhöfe sind Bahnanlagen mit mindestens einer Weiche, wo Züge beginnen, enden, ausweichen oder wenden dürfen. (8) Haltepunkte sind Bahnanlagen ohne Weichen, wo Züge planmäßig halten, beginnen oder enden dürfen. (9) Haltestellen sind Abzweigstellen oder Anschlussstellen, die mit einem Haltepunkt örtlich verbunden sind. § 7 Gleisneigung: (2): Die Längsneigung von Bahnhofsgleisen soll bei Neubauten 2,5 v.T. nicht überschreiten. www.gesetze-im-internet.de/ebo/BJNR215630967.html
6 Der Stuttgarter Tiefbahnhof dagegen wird auf ganzer Länge in einem Gefälle von 15,1 Promille liegen. In der Bahnwelt ist das ein Steilhang… Das Kunststück, mit dem die Bahn ihren schrägen Gleiskörper durch die Zulassung brachte, bestand darin, ihn vom Bahnhof zur Haltestelle umzudefinieren. www.spiegel.de/wissenschaft/kunststueck-am-hang-a-cd879d0a-0002-0001-0000-000131242929?context=issue
7 Das Projekt Stuttgart 21 steht nicht nur für den Bau des neuen Hauptbahnhofs in der Landeshauptstadt, sondern für die komplette Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart. Gebaut werden neue Bahnhöfe, etwa ein neuer Fernbahnhof am Flughafen, Dutzende Kilometer Schienenwege und Tunnelröhren, Durchlässe sowie Brücken. Das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm schließt neben Stuttgart 21 auch den Neubau der bereits 2022 eröffneten Schnellfahrstrecke Wendlingen-Ulm ein. Herzstück von Stuttgart 21 ist der neue unterirdische Hauptbahnhof, der im Gegensatz zum bisherigen Kopfbahnhof ein Durchgangsbahnhof sein wird. www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.digitalisierung-bei-stuttgart-21-s21-streit-kretschmann-bittet-kanzler-um-machtwort-an-bahn.12a58b19-a2db-491b-b695-c44b4cf9545d.html
8 Das Projekt 'Hochkultur am Tiefbahnhof' untersucht den Wunsch, das Bewusstsein und/oder die (Selbst-)Verpfl ichtung der Projektbetreiber zur Umsetzung von Kunst am Bau bei Stuttgart 21. Diese Tiefenrecherche in Strukturen, Verordnungen, Töpfe und Gruben konnte Dank einer Förderung durch das Kulturamt Stuttgart, Abteilung 'Kunst im öffentlichen Raum' durchgeführt werden.
9 Zur Zuständigkeit für Kunst am Bau bei Stuttgart 21 wurden angefragt: Stadt: Wolfgang Schuster - OB a.D. - Institut für Nachhaltige Stadtentwicklung; Frank Nopper - Oberbürgermeister; Fabian Mayer - Kulturbürgermeister; Kulturamtsleitung; Abteilung Kunst im öffentlichen Raum am Kulturamt / Land Baden Württemberg: Vermögen und Bau BW; Bundesbau BW - Leitstelle Kunst am Bau / Bund: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) - Referat Kunst am Bau; Sachverständigenrat Kunst am Bau - BBR; Bundesministerium für Digitales und Verkehr / Deutsche Bahn: Bahnhofsmanagement Stuttgart; Bau- und Projektkommunikation Bonatzbau I Stuttgart - Ulm; Bahnprojekt Stuttgart-Ulm Pressestelle und Geschäftsführung; Pressestelle DB; Rüdiger Grube - Vorstandsvorsitzender DB a.D.; Berthold Huber - Vorstand Infrastruktur DB AG; Richard Lutz - Vorstandsvorsitzender DB; Verein Bahnprojekt Stuttgart–Ulm e.V. - Pressestelle
10 Bahnhofsmanagement Stuttgart (Telefonat vom 07.03.2024) — Jörg Hamann, Pressesprecher Bahnprojekt Stuttgart-Ulm — Olaf Drescher, Vorsitzender der Geschäftsführung der DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH (keine Antwort) — David Bösinger, Verein Bahnprojekt Stuttgart–Ulm e.V., Pressestelle (Email vom 20.03.2024) — Laura Kühme, Bau- und Projektkommunikation Bonatzbau I Stuttgart - Ulm (Email vom 23.04.2024) — Bahnhofsmanagement Stuttgart
11 Stuttgart 21 wird abermals deutlich teurer als von der Deutschen Bahn prognostiziert. Nachdem sich der Aufsichtsrat des Schienenkonzerns bereits in der vergangenen Woche mit der Entwicklung befasst hat, wurden am Dienstag auch die Projektpartner informiert. In einem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, heißt es: „Inklusive eines Risikopuffers beträgt der Gesamtfinanzierungsrahmen nun 11,453 Milliarden Euro.“ www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.kosten-fuer-bahnprojekt-steigen-weiter-stuttgart-21-durchbricht-die-elf-milliarden-euro-marke.26979b05-7e9f-435f-9fa7-e3d14e1af6c4.html
12 Bereits im Jahr 1950 hat der Deutsche Bundestag festgelegt, dass bei allen Bundesbauten ein fester prozentualer Anteil der Bausumme für Kunst am Bau eingesetzt werden soll. Kunst am Bau ist somit ein Bestandteil der öffentlichen Bauherrenaufgabe. www.bmwsb.bund.de/Webs/BMWSB/DE/themen/bauen/bundesbauten/kunst-am-bau/kunst-am-bau-node.html
13 Orientierungswerte für ‘Kunst am Bau’ Gelder: Bund: Bei Bauwerkskosten über 100 Mio. Euro ein Anteil von 0,5%; Bei Bauwerkskosten von 20 bis 100 Mio. Euro ein Anteil von 1%; Bei Bauwerkskosten unter 20 Mio. Euro ein Anteil von 1,5%. Leitfaden Kunst am Bau, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Abteilung Bauwesen, Bauwirtschaft und Bundesbauten Referat B 13 Bauingenieurwesen, Nachhaltiges Bauen, Bauforschung, 2012 / Land Baden-Württemberg: Keine Angabe. Laut Aussage von Bernd Selbmann, bis 2017 Chef des Amtes ‘Bau und Vermögen’ in Tübingen, fördert das Land Baden-Württemberg Kunst mit ca. 1% der Baukosten. www.akbw.de/index.php?id=11801&mobile=0
14 Bei Baumaßnahmen des Bundes sind Leistungen zur künstlerischen Ausgestaltung an bildende Künstler zu vergeben, soweit Zweck und Bedeutung der Baumaßnahmen dieses rechtfertigen. RBBau: Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes, Teil – 1 Richtlinien, K7 Beteiligung bildender Künstler. www.fib-bund.de/Inhalt/Richtlinien/RBBau/RBBau_Onlinefassung_Stand_10.05.2021.pdf
15 Als öffentlicher Bauherr hat das Land eine besondere Verantwortung und Vorbildfunktion. Daher fördert es seit 1955 die Kultur, indem bei wichtigen Neubauvorhaben ein Teil der Bausumme für „Kunst am Bau“ reserviert wird. www.vermoegenundbau-bw.de/aufgaben/kunst-am-bau
16 Entsprechend Abschnitt K 7 der RBBau sind bei Baumaßnahmen des Bundes Mittel für Kunst am Bau zu veranschlagen, wenn Zweck und Bedeutung der Baumaßnahme dies rechtfertigen. Dies gilt für Neubauten wie für Baumaßnahmen im Bestand, unabhängig vom Umfang der Maßnahme. Dabei ist auch die Wirtschaftlichkeit entsprechend zu berücksichtigen. In der Regel rechtfertigen Zweck und Bedeutung einer Baumaßnahme Kunst am Bau insbesondere bei:
– Baumaßnahmen an exponierten oder städtebaulich wichtigen Standorten,
– gesamtstaatlich oder für den Standort wichtigen Funktionen oder Nutzungen,
– Baumaßnahmen, die Gegenstand besonderer öffentlicher Wahrnehmung sind oder sein können,
– Baumaßnahmen mit besonderen kultur- oder kunsthistorischen Bezügen,
– Baumaßnahmen, an denen durch Kunst am Bau in besonders geeigneter Weise die baukulturelle Vorbildfunktion des Bundes demonstriert werden kann,
– großen zivilen Baumaßnahmen im Ausland und
– Baumaßnahmen, deren Attraktivität und Akzeptanz durch künstlerische Beteiligung vor allem auch für die Nutzer deutlich gesteigert werden kann.
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), Abteilung Bauwesen, Bauwirtschaft und Bundesbauten, Referat B 13 Bauingenieurwesen, Nachhaltiges Bauen, Bauforschung: Leitfaden Kunst am Bau, 2012
17 Christoph Ingenhoven: ingenhoven associates - www.ingenhovenarchitects.com, christoph ingehoven architects - www.christophingenhovenarchitects.com
18 Tunnelbahnhöfe, auch Tiefbahnhöfe genannt, sind Bahnhöfe, die in Eisenbahntunneln angelegt wurden. Sie liegen also unter dem Normalniveau der Umgebung, an der sie errichtet wurden. https://de.wikipedia.org/wiki/Tunnelbahnhof
19 Telefonat mit dem Bahnhofsmanagement des Stuttgarter Hauptbahnhofs am 07.03.2024
20 Anhydrit (vom Griechischen anudros: „wasserlos“; auch Anhydritspat oder Calciumsulfat, Gekrösstein oder Karstenit) ist ein häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der wasserfreien Sulfate ohne fremde Anionen. Unter dem Einfluss der Verwitterung wandelt sich Anhydrit unter Wasseraufnahme langsam in Gips (CaSO4 * 2 H2O) um und nimmt dabei rund 60 % an Volumen zu. In der oberflächennahen Geothermie gibt es mehrere Fälle (z. B. Staufen) wo durch unsachgemäße Ausführung von Bohrungen Grundwasserzutritt zu einer Anhydritlage ermöglicht wurde. Der Volumenzuwachs bei der dann folgenden Wandlung in Gips führte zu Hebungen der Erdoberfläche und zu Gebäudeschäden. Insbesondere in Baden-Württemberg, wo Anhydrit im oberflächennahen Untergrund weit verbreitet ist, reagierten die Behörden auf Schäden durch das Anhydritquellen mit zusätzlichen Auflagen. www.geothermie.de/bibliothek/lexikon-der-geothermie/a/anhydrit
21 Durch die Bahnreform wurde die staatliche Bundesbahn im Jahr 1993 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, deren Anteile zu 100 % vom Bund gehalten werden. Es handelt sich seitdem um ein privatrechtlich organisiertes Staatsunternehmen. www.lobbypedia.de/wiki/Deutsche_Bahn
22 Bei den projektübergreifenden Grundsatzfragen zu Kunst am Bau lässt sich das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) durch Sachverständige beraten. Zu den Grundsatzfragen gehören die Evaluation der Kunst-am-Bau-Praxis des Bundes, die Verbesserung des Informationsflusses zwischen Künstlerinnen und Künstlern und den Bauverwaltungen, die Verbesserung der öffentlichen Wahrnehmung von Kunst am Bau sowie die Stärkung des Engagements anderer öffentlicher und privater Bauherren für Kunst am Bau. www.bbr.bund.de/BBR/DE/KunstamBau/sachverstaendigenkreis/kunst-am-bau.html
23 Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn: „Bahnhöfe und Kunst gehören zusammen“. Mit der, vom Bund initiierten und vollständig geförderten Reihe 'Station to Station', die die Deutsche Bahn in Kooperation mit der Stiftung für Kunst und Kultur realisiert, sollen mittels Kunst- und Konzertreihen Bahnhöfe und ihr Umfeld attraktiver gemacht und mehr Menschen für die Bahn gewonnen werden. www.station-to-station.net/
24 Anders als skandalös kann das Projekt 'Station to Station' und die Äußerung der Deutschen Bahn auf Nachfrage der Presse dazu nicht gewertet werden: „Aufgrund der Einmaligkeit und Urheberschaft der Idee entfiel für die künstlerische Besetzung (Musik und Bildende Kunst) ein Wettbewerb um das beste Konzept in Form einer Ausschreibung.“ www.bbk-berlin.de/news/11052023-protestnote-des-bbk-berlin-station-station-von-skandal-zu-skandal
25 Für das Infrastrukturprojekt 'Stuttgart 21' werden 27 komplexe Oberlichter gebaut. Durch die 4,30m hohen, im Durchmesser bis zu 21m großen sogenannten Lichtaugen, wird die unterirdische Bahnhofshalle zukünftig mit natürlichem Licht und Frischluft versorgt. Entworfen von ingenhoven architects, verteilen sie das Tageslicht gleichmäßig im Inneren. www.seele.com/de/referenzen/stuttgart-21-deutschland
26 Eine bautechnische Herausforderung sind die 28 Kelchstützen nicht allein wegen ihrer grundsätzlich komplexen Geometrie. Erschwerend kommt hinzu, dass jeder Dachkelch für sich ein Unikat ist, der sich in Neigung, Form und Höhe (8,5 – 13 m) von den anderen unterscheidet. Die notwendigen Produktionsprozesse zur ihrer Herstellung wurden größtenteils komplett neu entwickelt. www.detail.de/de_de/die-kelchstuetzen-von-stuttgart21-33768
27 Allein auf den innerstädtischen Bereich rund um den Hauptbahnhof entfallen nach derzeitiger Planung ca. 4 Mio. m3 Abraum und ca. 0,8 Mio. m3 Beton. www.tunnel-online.info/download/150189/Stuttgart21.pdf
28 Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB). Das BBR betreut die Bundesbauten im In- und Ausland, zum anderen unterstützt es die Bundesregierung durch fachlich-wissenschaftliche Beratung in den Politikbereichen Raumordnung, Städtebau, Wohnungs- und Bauwesen. Das Aufgabenspektrum reicht von der Großbaustelle bis zu raumordnerischen und städtebaulichen Modellprojekten, von Fragen der Baukultur und Denkmalpflege bis zu Fragen der europäischen Zusammenarbeit sowie von Architekturwettbewerben bis zu Raumordnungsberichten und Wohnungsmarktstudien. www.bbr.bund.de/BBR/DE/Home/home_node.html
29 Referat 31: Kunst am Bau, Geschäftsstelle der Kunstkommission, Vermögen und Bau Baden-Württemberg. www.vermoegenundbau-bw.de/aufgaben/kunst-am-bau
30 Im Zuge der Recherche angefragt Verbände: BBK Landesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Baden-Württemberg, BBK/W Bund Bildender Künstlerinnen Württembergs, Künstlerbund Baden-Württemberg e.V., Kulturwerk des BBK Berlin
31 1% von 12 Milliarden Euro sind 120 Millionen (120.000.000,00) Euro
32 Der Finanzierungsrahmen für das Projekt Stuttgart 21 liegt (Stand 07/2024) bei 11,453 Milliarden Euro. An der Finanzierung beteiligen sich die Deutsche Bahn (DB) und die Projektpartner. Wie groß der jeweilige Anteil an der Finanzierung am Ende sein wird, ist noch offen. Die Bahn als Bauherr erwartet, dass sich Land und Stadt als Projektpartner an den Mehrkosten beteiligen (Sprechklausel) und hat u.a. Land und Stadt zur Wahrung ihres Anspruchs verklagt. Land und Stadt erkennen diesen Anspruch nicht an. Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies am 07.05.2024 die Klagen der Bahn ab. Die Deutsche Bahn ist weiterhin der Auffassung, dass sich die Projektpartner an der Finanzierung der Mehrkosten im Vorhaben Stuttgart 21 beteiligen müssen. www.its-projekt.de/bahnprojekt/finanzierung/
33 Die Projektpartner der Deutschen Bahn AG und der Eisenbahninfrastrukturunternehmen (DB Netz AG, DB Station&Service AG, DB Energie GmbH) sind: die Bundesrepublik Deutschland (Bund), das Land Baden-Württemberg, die Landeshauptstadt Stuttgart, der Verband Region Stuttgart, die Flughafen Stuttgart GmbH. www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/projekt/projektpartner/
34 Finanzierungsvertrag zu Stuttgart 21, 30.03.2009. www.vm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-mvi/intern/Dateien/PDF/Stuttgart_21/Finanzierungsvertrag_S21.pdf
Gemäß Finanzierungsvertrag von 2009 vereinbarte Finanzierungsanteile: DB Gesellschaften 1.474 Mio. Euro, Bund 666 Mio. Euro, EU-Fördermittel 836 Mio. Euro, Land Baden-Württemberg 931 Mio. Euro, Stadt Stuttgart 292 Mio. Euro, Flughafen Stuttgart 227 Mio. Euro, Verband Region Stuttgart 100 Mio. Euro. www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/projekt/finanzierung-und-kosten/s21-neuordnung-bahnknoten-stuttgart/finanzierung/
35 Christoph Ingenhoven: „Unser Teil kostet nicht einmal eine Milliarde“, Bauwelt, 7.2020. www.bauwelt.de/rubriken/interview/Stuttgar-21-Interview-Christoph-Ingenhoven-3517691.html
36 Die erste von 28 aufwendigen sogenannten Kelchstützen am neuen Hauptbahnhof ist nun zu sehen. Die Betonkonstruktionen sollen einmal das Dach der Stuttgart-21-Station bilden. Noch zeigt sich der Beton nicht so weiß wie gewünscht. www.stuttgarter-zeitung.de/gallery.stuttgart-21-die-erste-kelchstuetze-am-bahnhof-kommt-zum-vorschein.f309e0cd-3cd6-41a3-9e21-ffa10baa6fb7.html
37 Frei Ottos Experimente als Grundlage der S21-Kelchstützen: Die Konzeption der 'Seifenhaut' und ihrer Membran spielte eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Kelchstützen, die Jahrzehnte zuvor der Ingenieur Frei Otto in Experimenten am 'Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren' (ILEK) der Universität Stuttgart erforschte. An ihnen wendete er die mathematische Theorie der Minimalflächen an. www.architekturvideo.de/baustelle-stuttgart-21-frei-otto-kelchstuetzen/
38 www.ralfarbpalette.de/ral-classic/grautone